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Übungen am Arbeitsplatz: sitzend fit
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Übungen am Arbeitsplatz: sitzend fit

Dauerhaftes Sitzen ohne Ausgleich schwächt deinen Körper nachhaltig: Jeder Dritte geht einem Bürojob nach, bei dem er den größten Teil seiner Zeit am Schreibtisch verbringt; dazu kommen zahlreiche weitere Sitzberufe wie Baggerführer, Kassierer oder Pförtner. Wir sitzen in der Bahn und im Auto, am Esstisch und im Kino. Kinder sitzen den halben Tag in der Schule und Rentner auf der Parkbank. Sitzende Menschen wohin das Auge blickt.

Warum es gerade in unserer Gesellschaft so schädlich ist und wie du den Langzeitfolgen durch den richtigen Sitz und die passenden Übungen vorbeugen kannst, erklären wir dir in diesem Beitrag. Professionell unterstützt werden wir dabei wie immer durch den Sportwissenschaftler Marcel Winkelmann.

Warum dauerhaftes Sitzen so ungesund ist

Sitzen mag für den Moment zwar sehr angenehm sein, allerdings sind unsere Körper von Natur aus gar nicht auf diese Haltung ausgelegt bzw. nicht dauerhaft. Denn was du nicht vergessen darfst, ist, dass wir trotz Kaffeevollautomaten, Metaversum und Sushi am Fließband immer noch die Physis eines Ausdauerjägers besitzen. Unser Alltag war also damals viel variabler ausgelegt, als heute.

Im Grunde unserer Existenz sind wir extrem effiziente Biomaschinen; darauf programmiert, ein Mammut durch die eisige Tundra zu treiben oder beim Beeren sammeln, vor einem Wolfsrudel zu flüchten. Der zivilisatorische Fortschritt hat diese Tätigkeiten allerdings durch die Position des Sitzens getauscht – und auf Dauer richten wir so immense Schäden in unserem Körper an, denn uns fehlt der Ausgleich und die Variabilität im Alltag. Sitzen ist per se nicht schlecht, aber wie bei allem, macht die Menge den Unterschied.

Marcel erklärt uns die Folgen des dauerhaften Sitzens so:

„Wenn wir sitzen, sind zahlreiche Muskelpartien komplett passiv: die Oberschenkelrückseite, der Hüftbeuger, die gesamte Gesäßmuskulatur und der untere Rücken werden so gut wie gar nicht beansprucht. Man könnte sagen, während des Sitzens hängen wir in uns selbst. Dabei wird die Rückseite lang und schwach und Bauchmuskulatur und Hüftbeuger kurz und schwach.

Auf Dauer fällt es dir daher immer schwerer, Rücken und Becken wiederaufzurichten und eine gerade Haltung einzunehmen. So entwickelst du eine Schutzspannung, die zu einem Gefühl von Steifheit bis hin zu einem ausgeprägten Hohlkreuz führt.

Aber damit noch nicht genug: Sitzen drückt deine Bandscheiben Richtung Spinalkanal, was Bandscheibenvorfälle auslösen kann. Langfristig schädigst du außerdem die Bauchmuskulatur, beeinträchtigst deine Verdauung und schwächst sogar deine Prostata. Langes Sitzen ist verantwortlich für zahlreiche gesundheitliche Probleme und chronische Schmerzen.“

Übungen gegen Rückenschmerzen und sonstige Sitzleiden

Yoga am Arbeitsplatz

Variation in der Sitzhaltung ist wichtig für einen gesunden Körper

Zum Glück ist es gar nicht so schwer, Langzeitschäden durch die Sitzhaltung vorzubeugen. Die Maßnahmen reichen dabei von kurz und einfach bis hin zu ein wenig aufwändiger und zeitintensiver. Gemeinsam mit Marcel präsentieren wir dir unsere Liste im Kampf gegen das Sitzleiden:

#1 Das dynamische Sitzen

Wir beginnen mit ein paar einfachen Übungen am Arbeitsplatz, die du durchführen kannst, während du sitzt. Gesundheitsapologeten nennen das auch aktives Sitzen oder dynamisches Sitzen. Versuche regelmäßig folgendes:

  • Spanne im Sitzen die Rückenmuskulatur ganz bewusst an und richte dich auf. Halte diese Position dann für ein paar Sekunden oder sogar Minuten.

  • Kneife die Pobacken rhythmisch zusammen und entspanne sie anschließend wieder. Das ist nicht nur unauffällig, sondern auch gut für die Durchblutung des Muskelgewebes.

  • Hebe die Beine im 90-Grad-Winkel zum Becken und halte sie waagerecht. So aktivierst du Bauch- und Oberschenkelmuskulatur.

  • Lasse die Schultern kreisen, drehe deinen Torso nach links und rechts und bewege dabei auch deinen Kopf. So bekommt dein ganzer Rücken ein wenig Action.

Natürlich gibt es noch viel mehr Möglichkeiten, deine Muskeln auch während des Sitzens zu beanspruchen. Wichtig ist hauptsächlich, ein wenig Bewegung in deine Sitzhaltung zu bringen und nicht über Stunden durchzuhängen.

#2 Integriere Bewegung in deinen Arbeitsalltag

Tipp Nummer zwei erfordert ein bisschen Kreativität, aber dir werden bestimmt zahlreiche weitere Möglichkeiten einfallen, der Sitzposition auch während der Arbeit für ein paar Minuten zu entfliehen. Wir denken dabei zum Beispiel an Dinge wie:

  • Lege regelmäßig ein paar Meter im Büro zurück. Im Allgemeinen gilt: Fünf Minuten Bewegung pro Arbeitsstunde. Dabei musst du nicht wie eine brave Kuh um den Schreibtisch trotten, sondern kannst die Zeit auch produktiv nutzen: Anstatt etwa die Kollegin anzurufen, marschiere zu ihr in den achten Stock; ein persönliches Gespräch ist sowieso viel angenehmer. Und wusstest du, dass der Kaffee aus dem Erdgeschoss wesentlich besser schmeckt, als der auf deiner Etage?

  • Arbeite, wann immer möglich im Stehen. Stelle bei der nächsten Videokonferenz den Laptop doch mal ins Regal und nicht auf den Schreibtisch. Das ist nicht nur gesünder; du wirkst auch gleich viel dynamischer. Wenn du es auf die Spitze treiben möchtest, stellst du dich sogar auf ein Balanceboard.

  • Verbringe deine Mittagspause aktiv. Gehe ein paar Meter spazieren und verzehre dein mitgebrachtes Mittagessen auf der Parkbank und nicht im Speisesaal.

  • So sitzt du richtig im Büro: Organisiere dir anstelle eines Schreibtischstuhls einen Gymnastikball, einen Stuhl ohne Rückenlehne oder einen ergonomisch geformten Schreibtischsessel – wenn du ein großes Büro hast, am besten sogar alle drei und variiere zwischendurch. Denn unterschiedliche Sitzmöbel führen zu unterschiedlichen Sitzhaltungen, was gut für deine Muskulatur ist. 


Vielleicht besorgst du dir auch einen Ministepper, der unter den Schreibtisch passt oder nutzt den Toilettengang für ein paar heimliche Stretchübungen in der Kabine. Hauptsache, du schaffst es, dich auch während der Arbeitszeit regelmäßig zu bewegen und nicht nur die ganze Zeit zu sitzen.

#3 Übungen am Arbeitsplatz

Du willst die kreative Arbeitsenergie durch etwas Bewegung wieder ins Fließen bringen? Nimm dir folgende Übungen als Beispiel, mit diesen bringst du Kopf und Körper wieder ans Laufen.

  • Übung im Stehen am Schreibtisch: Stelle dich in gerader Position hinter deinen Stuhl und strecke deine Arme in einem Winkel von etwa 30 Grad nach unten. Erhebe dich nun auf die Zehenspitzen und halte den Rücken dabei möglichst gerade. Spanne dazu die Bauchmuskulatur, Oberschenkel und Po an. Nach etwa zehn Sekunden senkst du die Füße wieder ab und wiederholst das Ganze insgesamt zehnmal.
Marcel im Stehen hinter dem StuhlMarcel auf Zehenspitzen hinter dem Stuhl
  • Scheinsitzen: Stelle dich vor deinen Stuhl und senke das Gesäß ab, als wolltest du die Sitzposition einnehmen, ohne dich dabei tatsächlich zu setzen. Der Rücken bleibt dabei gerade, spanne dazu die Bauchmuskulatur an und stelle dir vor, dass deine Schädeldecke zum Himmel strebt. Bleibe möglichst lange in dieser Haltung und lasse dich dann erschöpft in deinen Stuhl plumpsen. Alternativ darf es natürlich auch Wandsitzen sein.
Marcel sitzt mit rundem Rücken auf dem StuhlMarcel zeigt die Übung Scheinsitzen
  • Dehnübung am Arbeitsplatz: Stelle dich gerade hin und halte die Arme senkrecht nach oben. Strecke sie abwechselnd und führe jeweils eine Greifbewegung durch, als würdest du Äpfel pflücken. Führe diese Bewegung ein bis zwei Minuten lang durch.
Marcel dehnt die rechte SeiteMarcel dehnt die linke Seite
  • Übungen gegen die Mausfinger: Du tippst viele Texte auf der Tastatur und hast das Gefühl, dass deine Maushand kalt wird und beim Tippen nicht mehr das macht, was du willst? Schüttel deine Hände zunächst ordentlich aus, balle sie sanft zu Fäusten und drehe sie mal in die eine und dann in die andere Richtung. Wenn du etwas weitergehen willst, strecke deinen Arm parallel zum Boden aus, die Handflächen zeigen nach oben. Mit der anderen Hand greifst du auf Höhe des Handballens deine Hand und ziehst sie sanft nach hinten, sodass die Fingerspitzen zum Boden zeigen. Achte darauf, dass dein Ellenbogen dabei nicht überstreckt.
Marcel kreist sein HandgelenkMarcel dehnt die Armunterseite
  • Rückenübung im Büro: Stelle dich vor deinen Schreibtisch. Lege die Hände auf den Schreibtisch und stütze dich ab. Atme, spanne deinen Bauch fest an und beuge deine Wirbelsäule, sodass ein Buckel entsteht. Überstrecke daraufhin deine Wirbelsäule in die entgegengesetzte Richtung und spanne deinen Rückenmuskulatur an. Atme ein bei der Überstreckung und atme aus bei der Beugung deiner Wirbelsäule. Wiederhole diesen Prozess für 60sek.
Marcel macht einen runden Rücken im Stehen am TischMarcel geht im Stehen am Tisch ins kontrollierte Hohlkreuz

Auch hier gilt: Alles ist besser, als sitzen. Ob du also einfach ein paar Minuten auf der Stelle läufst oder die Kollegen mit deinen Liegestützen beeindruckst, spielt keine große Rolle. Solange du dich bewegst und der sitzenden Haltung entfliehst, ist alles gut.

Bist du besonders motiviert, deinen Arbeitsalltag etwas aktiver zu gestalten, kannst du auch kleine Hanteln oder ein paar Fitnessbänder am Schreibtisch deponieren, um hin und wieder deine Muskeln mit deinen Lieblingsübungen zu aktivieren. Vielleicht motiviert das auch deine Kollegen und Kolleginnen. Das Beste: gemeinsame Bewegung stärkt nicht nur den Teamspirit, sondern macht mehr Spaß.

Ready, Set, Bürogymnastik!

Do more Schriftzug auf Screen

Alle 60 Minuten aufstehen und dem Bildschirm mindestens 5 Minuten den Rücken kehren.

Also: Nur Sitzen ist nicht so förderlich für einen gesunden Lebensstil, da muss Abwechslung her. Da du diesen Artikel vermutlich im Sitzen gelesen hast, ist jetzt vorerst Schluss mit der Lektüre. Steh auf, strecke dich, lass die Arme kreisen und dann nichts wie raus vor die Tür. Wir wünschen viel Spaß bei der Bewegung.

 

Julia Baransky Online Redakteurin bei inara schreibtÜber die Redaktion

Julia Baransky ist Content-Enthusiastin bei inara schreibt. Technisches Know-how und strukturierte Lösungen sind Julias Stärken. Durch ihr analytisches Denkvermögen versteht sie Zusammenhänge wie keine andere. Mit ihren sorgfältig recherchierten Texten, nimmt sie dich mit auf die Reise in ferne Welten.

 

 

Titelbild von Roland Hechanova. Weitere Bilder von Charanjeet Dhiman und Carl Heyerdahl.