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Beweglichkeit verbessern: geschmeidig wie eine Katze
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Beweglichkeit verbessern: geschmeidig wie eine Katze

Wir starten heute mit einer einfachen Übung: Stehe aufrecht, die Arme leicht angewinkelt. Neige nun den Oberkörper nach hinten und biege deine Wirbelsäule so weit durch, bis sie eine C-Form bildet und sich dein Kopf zwischen deinen Oberschenkeln befindet. Halte diese Position für drei Minuten.

Schaffst du nicht? Wir auch nicht. Diese krasse Verbiegung haben wir uns ganz frech von Julia Günthel, besser bekannt als Kontorsionistin Zlata, abgeschaut. Die gebürtige Russin gilt laut dem Guinness Buch der Rekorde als beweglichste Frau der Welt und sollte lediglich als eindrucksvolles Beispiel dafür dienen, zu welchen Verrenkungen der Mensch fähig ist.

Denn selbst wenn du deinen eigenen Körper niemals in solch abenteuerliche Positionen bringen möchtest – eine gute Beweglichkeit ist für deine Gesundheit absolut entscheidend. Warum das so ist und wie du deine eigene Flexibilität und Mobilität verbesserst, erklären wir dir in diesem Beitrag. Bei der Wissenschaft dahinter unterstützt uns wie immer Sportexperte Marcel Winkelmann.

Nicht verwechseln: Flexibilität und Mobilität

Bevor wir tiefer in die Materie eintauchen, sollten wir ein paar Begriffe klarstellen. Denn als wir ihn um seinen Input gebeten haben, lautet Marcels allererster Satz: „Es gibt einen Unterschied zwischen Flexibilität und Mobilität. Das dürfen wir nicht durcheinanderwerfen!“

Flexibilität bezeichnet im Grunde nichts anderes als die Länge deiner Muskeln, beziehungsweise ihre maximale Ausdehnung. Um etwa in einen Spagat zu gehen, müssen deine Oberschenkelmuskeln extrem flexibel sein.

Kannst du dir von deinem Trainingspartner die Arme auf dem Rücken verknoten lassen, ohne dabei vor Schmerzen aufzubrüllen, bist du zwar flexibel, aber noch lange nicht beweglich. Mangelt es dir nicht an Flexibilität, kann sich dein Körper dennoch extrem unbeweglich anfühlen.

Mobilität beschreibt dagegen die Fähigkeit, deine Gelenke und den mit ihnen verbundenen Muskel-, Sehnen- und Bänderapparat bewusst und ohne äußere Krafteinwirkung zu bewegen.

Für eine Kniebeuge etwa benötigst du kein besonders großes Maß an Flexibilität, viel entscheidender ist die Mobilität. Denn bei dieser schon recht komplexen Bewegung spielen eine Vielzahl an Gelenken eine wichtige Rolle.

Fehlende Mobilität äußert sich in einem Gefühl angespannter Steifheit. Du weißt, dass du können solltest – aber dein Körper will die Bewegung einfach nicht mitmachen.

Warum es so wichtig ist, deine Beweglichkeit zu verbessern

Frau in Yogadehnung

Verbesserte Mobilität und Flexibilität unterstützt auch deinen Trainingserfolg

Unterschied klar? Sehr gut, dann können wir jetzt durchstarten. Für Lesefaule trotzdem folgende Zusammenfassung: Für deine Beweglichkeit sind sowohl Mobilität als auch Flexibilität wichtig. Beides solltest du verbessern. Aber warum eigentlich?

#1 Volkskrankheit Sitzen

Böse Zungen nennen unsere Spezies gerne mal Homo sedens, den sitzenden Mensch – und sie haben leider recht. Denn wie sieht ein typischer Tag aus? Du fährst mit Auto, Bus oder Bahn zur Arbeit, verbringst dort mindestens acht Stunden am Schreibtisch und nach Feierabend lümmelst du auf der Couch herum. Zwölf Stunden Sitzzeit täglich sind für die meisten von uns Alltag.

Unser Körper ist darauf allerdings überhaupt nicht ausgelegt. Jahrtausende lang waren wir Jäger und Sammler; permanent in Bewegung. Das ständige Sitzen haben wir uns erst seit ein paar Jahrzehnten angewöhnt.

Durch die unnatürliche Haltung auf dem Stuhl kommt es deshalb zu Schäden in deinem Körper. Sehnen und Bänder verkürzen sich, das Bindegewebe verliert an Geschmeidigkeit und auch die Muskeln – dank Arbeitsstress häufig eh schon unter Dauerspannung – leiden.

Deshalb ist es notwendig, Langzeitschäden durch Beweglichkeitsübungen vorzubeugen. Mit dem entsprechenden Training bleibst du bis ins hohe Alter hinein flexibel und mobil.

#2 Effektiveres Training durch Beweglichkeit

Konntest du dich in dem oben beschriebenen Couch-Potato nicht so recht wiedererkennen, möchten wir dir regelmäßige Übungen zur Verbesserung deiner Beweglichkeit dennoch dringend ans Herz legen.

Denn es ist eine einfache Tatsache, dass größere Beweglichkeit immer ein effizienteres Workout nach sich zieht: Bist du flexibler, dann kannst du einzelne Übungen schmerzfrei in einem größeren Radius durchführen, was ihre Wirkung vervielfacht. Bist du mobiler, kannst du nicht nur ein größeres Spektrum an Bewegungen ausführen und damit deinen Übungskatalog deutlich vergrößern; du wirst gleichzeitig feststellen, dass eine sauber ausgeführte Einheit zu einem deutlich verbesserten Trainingserfolg führt.

Eine gute Beweglichkeit ist also für jeden Sportler wichtig – egal ob Fußballerin, Triathlet oder Bankdrückerin.

#3 Irrtum: Verletzungsrisiko mit Dehnen vermindern

Moment! Nummer drei? Haben wir vorhin nicht von nur zwei Punkten gesprochen? Richtig, denn an dieser Stelle möchten wir einen weitverbreiteten Irrtum aus der Welt schaffen, nämlich, dass Stretching vor dem Sport dein Verletzungsrisiko minimiert.

Marcel erklärt dazu: „Verletzungen wie ein Muskelfaserriss entstehen, wenn die einwirkende Belastung größer ist, als die Resilienz des Gewebes. Du kannst dich vor einer Einheit dehnen, wie du möchtest, einer Überlastung deiner Muskulatur beugst du dadurch nicht vor.“

Zwar ist es richtig, dass du deine Muskeln vor dem Training ein wenig aufwärmen solltest, um sie einsatzbereit zu machen. Dafür reicht es aber, mit dem Seil zu springen oder zwei Dutzend Hampelmänner zu schlagen. Dehnen vor dem Sport ist kein Pflichtprogramm.

Welche Übungen helfen, die Beweglichkeit zu verbessern?

Nachdem wir dich nun hoffentlich davon überzeugen konnten, wie wichtig eine verbesserte Beweglichkeit für Alltag und Sport ist, bleibt natürlich die Frage nach dem Wie.

Marcel hat für die wesentlichen Anwendungsfälle die besten Übungen für uns zusammengetragen:

Beweglichkeit verbessern und Steifheit loswerden

Fühlt dein Körper sich steif und unbeweglich an, dann versuche zunächst die Ursache dafür ausfindig zu machen.

Stehst du unter großem Stress, egal ob privat oder auf der Arbeit, lautet der Grund für deine Stiffness vermutlich hohe Grundanspannung. Hier helfen Übungen, die deine Entspannung fördern und dich lernen lassen, gegen die Reflexe der Muskeln zu arbeiten. Dazu gehören moderates Yoga, Pilates oder auch Rückenschulkurse.

Stellst du allerdings fest, dass du sogar nach drei Wochen Urlaub noch steif wie ein Brett bist, müssen wir größere Geschütze auffahren. Um dich insgesamt wieder mobiler zu machen, empfiehlt Marcel zum Beispiel die berühmten Fünf Tibeter Übungen oder Controlled Articular Rotations, wie sie gerne von Klettersportlern eingesetzt werden.

Flexibilität verbessern und Muskeln dehnen

Um dagegen deine maximale Muskelausdehnung zu verbessern, hat sich eine Methode bewährt, die ursprünglich aus dem Kampfsport stammt; die sogenannten PAILs and RAILs – ausgeschrieben Progressiv Angular Isometric Loadings beziehungsweise Regressive Angular Isometric Loadings.

Regelmäßig durchgeführt überschreiben diese Übungen den Dehnungsreflex des Muskels, also die durch das Rückenmark automatisch gesteuerte Kontraktion des Gewebes, sobald seine maximale Ausdehnung erreicht wird.

Wie so oft ist auch bei PAILs and RAILs ein moderater Einstieg entscheidend, um das Verletzungsrisiko zu minimieren. Mach also nicht gleich auf Jeanne Claude van Damme, sondern beginne vorsichtig und erhöhe die Belastung langsam und sukzessiv.

Verbesserte Beweglichkeit im Alltag

Mann sitzt in U-Bahn

Selbst den Weg zur Arbeit verbringen wir häufig sitzend

Fehlt dir die Zeit für so ein ausgedehntes Training, weil der Job wieder den ganzen Tag verschlingt, solltest du die Arbeit an deinem Bewegungsapparat trotzdem nicht vernachlässigen. 

Marcel rät zu je einer kurzen Bewegungspause pro verbrachter Stunde am Schreibtisch. Dabei solltest du zumindest aufstehen, dich strecken und ein paar Meter gehen; nicht nur einmal durchs Büro, sondern sogar bis ins nächste Stockwerk.

Noch besser allerdings ist es, wenn du auch auf der Arbeit eine minimale Trainingsausrüstung deponierst. Mit einer Gymnastikmatte neben dem Schreibtisch bieten sich beispielsweise Glute Bridges an, um deine Muskulatur ordentlich zu strecken. Fitnessbänder dagegen erlaubt dir sogar Dehnübungen, während du im Schreibtischstuhl sitzend über den Quartalszahlen brütest.

Immer schön geschmeidig bleiben!

Möglichkeiten, um deine Beweglichkeit zu trainieren, gibt es also wie Sand am Meer – als Teil deines täglichen Workouts oder einfach als Übungen für zwischendurch im Büro. Wichtig ist, wie bei jeder anderen Art Training auch, hauptsächlich die Regelmäßigkeit.

Denn streckst und dehnst du dich jeden Tag, dann beugst du nicht nur Langzeitschäden durch die unnatürliche Haltung des Sitzens vor, sondern steigerst im gleichen Zug die Effektivität deines gesamten Trainingsplans.

Und wer weiß, vielleicht wirst du am Ende doch noch so flexibel wie Frau Günthel?

Vermutlich nicht, denn um ehrlich zu sein, bringt die Dame von Haus aus den Vorteil einer genetischen Mutation mit, die sie besonders beweglich macht.

Aber lass dich davon nicht aufhalten. Wir wünschen viel Spaß beim nächsten Stretching.

 

Julia Baransky Online Redakteurin bei inara schreibtÜber die Redaktion

Julia Baransky ist Content-Enthusiastin bei inara schreibt. Technisches Know-how und strukturierte Lösungen sind Julias Stärken. Durch ihr analytisches Denkvermögen versteht sie Zusammenhänge wie keine andere. Mit ihren sorgfältig recherchierten Texten, nimmt sie dich mit auf die Reise in ferne 

 

Titelbild von Scott Broome. Weitere Bilder von Rawan Yasser und Rendy Novantino